1578 gründete Pfalzgraf Johann Casimir in Neustadt das Casimirianum; hierbei handelte es sich um eine calvinistische Hochschule sowie zur Vorbereitung auf das Studium um eine Partikularschule und ein Pädagogium. Während die Hochschule nur sechs Jahre in Neustadt blieb und dann nach Heidelberg überwechselte, konnte sich das Pädagogium zunächst für mehr als 200 Jahre halten, bis es 1797 in den Wirren der Revolutionsjahre unterging.
Das Pädagogium war eine Gründung im Zeitalter der Konfessionsstreitigkeiten, es konnte nur von Calvinisten besucht werden. Die Kurpfalz rekrutierte von dieser Schule die künftigen Pfarrer, Lehrer und Verwaltungsjuristen, natürlich auch Mediziner, deren weitere Ausbildung an der Landesuniversität in Heidelberg erfolgte oder im calvinistischen Ausland. Religion, alte Sprachen, Musik, Arithmetik, Kalligraphie waren im Stundenplan im Vordergrund, wobei mit 18 bis 24 Wochenstunden eindeutig Latein dominierte. Erst unter dem Einfluss des Böhmen Comenius am Anfang des 18. Jahrhundert wurde der muttersprachliche Unterricht zugelassen, ein Fach Deutsch sollte aber erst viel später entstehen.
Im Sog von Kriegen und Religionsstreitigkeiten spielten auch Jesuiten in der Geschichte des Casimirianums eine – wenn auch untergeordnete – Rolle: Während des Dreißigjährigen Krieges und um 1700 war ihnen jeweils für wenige Jahre die Leitung übertragen worden. Jedoch gründeten die Jesuiten schließlich eine eigene, vom Casimirianum unabhängige Lateinschule in Neustadt.
Im Jahr 1797 war das calvinistische Casimirianum im Zuge der Besetzung durch französische Revolutionstruppen untergegangen (zeitgleich verschwand die von Jesuiten gegründete Lateinschule), um erst 1808 als école secondaire wiederzuerstehen. Neustadt gehörte damals als Bestandteil Frankreichs zum Département Donnersberg. Die Absolventen der Schule mussten natürlich gut in der neuen Landessprache sein, Französisch war jetzt Hauptfach, ferner tauchten als Fächer im Kanon auf: Deutsch, Rechnen, Geographie, Geschichte, Naturgeschichte, Kosmographie, dazu kamen lateinische und griechische Autoren, auch Hebräisch und Deklamationskunst konnte unterrichtet werden. Religion war kein Pflichtfach mehr und wurde ersetzt duch Vorlesungen über Moral.
Zwei Jahre nach dem Ende der französischen Besetzung wurde die école secondaire de Neustadt aufgelöst, seit 1816 war Bayern für die Pfalz zuständig. In Neustadt nahm eine Lateinschule den Unterricht auf. Auch in der bayerischen Ära blieb man laizistisch orientiert. Doch es mussten 10 Jahre ins Land gehen, bis die Stadt erreichte, dass überhaupt die privat weitergeführte Schule staatlich anerkannt wurde. In langsamen Schritten erfolgte der Ausbau zur vierklassigen, dann fünfklassigen Lateinschule, an die eine Art Gewerbeklasse als realer Zweig angehängt wurde, bis der Vollausbau 1880 erfolgen konnte. In diesem Jahr gelang es erst der Stadt nach zähem Ringen gegen die vorgesetzten Behörden, dass die Schule zur Vollanstalt, einem humanistischem Gymnasium mit dem Titel „königliche Studienanstalt“, aufstieg. Latein und Griechisch standen noch im Vordergrund, doch die neueren Fremdsprachen fanden Berücksichtigung neben der Muttersprache, dazu kamen Geschichte, Geographie, aber auch Naturkunde und Mathematik.
Erst 1886 wurde das neuerrichtete Schulgebäude in der Hindenburgstraße bezogen, die heutige Volkshochschule. In Quellen aus dieser Zeit findet man interessante Details, z.B. dass die Schule sich sehr über wertvolle Sachspenden freute wie Elektrisiermaschinen, Luftpumpen, galvanische Säule oder Mikroskop; oder dass im 19. Jahrhundert viele der auswärtigen Schüler in Neustadt bei Gasteltern gegen Miete und Kost wohnten.
Nach 1880 behielt das altsprachliche Gymnasium bis nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges seine Prägung durch die alten Sprachen. Seit Kaiser Wilhelms Eintreten für Deutsch kam diesem Fach eine größere Bedeutung zu, die modernen Fremdsprachen fanden ihren Platz, selbst Italienisch wurde angeboten. Mathematik wurde dann stärker als früher berücksichtigt, und auch die Naturwissenschaften bekamen eine gewisse Bedeutung.
Nach 1933 wurde Sport stärker gefördert, doch hat der Nationalsozialismus keine besonderen Spuren im Fächerkanon des altsprachlichen Gymasiums eingraben können; die Germania des Tacitus fand freilich mehr Beachtung. Die Lehrerschaft war konservativ bis liberal, monarchistisch; dies bewiesen die Entnazifizierunsakten nach 1945. Der Faschismus konnte höchstens die wenigen jungen Lehrer erreichen. Der einzige jüdische Lehrer erlitt ein trauriges Schicksal: Er wurde 1933 aus dem Dienst entfernt, später deportiert und umgebracht.
Nach 1945 mussten die Notjahre unter der französischen Besatzung überwunden werden. Die Jahresberichte dieser Zeit erzählen davon. Am humanistischen und altsprachlichen Gymnasium änderte sich erst 1964, dass den neuen Sprachen noch mehr Raum zugestanden wurde; so entstand das alt- und neusprachliche Gymnasium, die Sprachenfolge lautete Latein, Englisch und als 3. Fremdsprache Französisch bzw. Griechisch.
Um 1969 wurde das neuerrichtete Gymnasialgebäude in der Landwehrstraße bezogen.
Erst 1975 wurde am Gymnasium die Mainzer Studienstufe eingeführt. Mit dieser reformierten Oberstufe erfolgte auch die teilweise Enttypisierung der Schule. In der Oberstufe können die Schüler weitgehend frei ihre Fächer nach Leistungs- und Grundkursen festlegen.
Die Veränderungen am Gymnasium im Laufe seiner Geschichte spiegeln sich auch in den Schülerzahlen: Während die Zahl 300 eine Grenze beim altsprachlichen Gymnasium darstellte, bei der Lateinschule gar nur 180, schwoll die Zahl Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre bis auf 1400 an, während der 1990er und Anfang der 2000er Jahre bewegte sich die Schülerzahl um 750.
Lange Zeit war das Gymnasium namenlos und nur durch die Zugehörigkeit zu einem gymnasialen Typ gekennzeichnet. 1964 erhielt das Gymnasium auf Vorschlag des damaligen Kollegiums mit Genehmigung des Kultusministeriums den Namen „Kurfürst-Ruprecht-Gymnasium“. 1938 war schon einmal der Versuch unternommen worden, Johann Casimir – den Gründer des Pädagogiums – als Namensgeber ins Spiel zu bringen. Dieser wurde auch 1964 in Erwägung gezogen, doch wegen seiner calvinistischen Herkunft verworfen. Man einigte sich auf den älteren, konfessionell unbelasteten Kurfürst Ruprecht I., den Gründer der Neustadter Stiftskirche, in der er auch begraben ist. Die zugehörige Stiftsschule könnte man als einen ganz alten Vorläufer unseres Gymnasiums ansehen. Als Gründer der Universität in Heidelberg kam Ruprecht I. auch eine höhere Aura zu als Johann Casimir.